Sonntag, 21. September 2008

Im Folgenden also ein etwas längerer Beitrag, der versucht, die vergangenen Wochen grob zusammenzufassen, wenngleich dies kaum möglich ist ob der zahlreichen Eindrücke, die ich v.a. hier in Marseille täglich erlebe.
Los ging meine Tour de France nicht in Frankreich, sondern in Hirschluch bei Berlin - elf Tage Vorbereitungsseminar zwischen Moor und Mücken. Zwar war der Großteil des Programms recht interessant, wir waren u.a. im Haus der Wannseekonferenz, konnten einer Neu-Köllner "Stadtteilmutter" zuhören und haben last, but not least Rambo 4 geguckt, bei einem Haufen von 160 SuperSühnern kann es allerdings vor lauter political correctness schnell ein wenig anstrengend werden, da man nur bei den wenigsten mit seiner ausgeprägten Liebe zu böser Negermusik, weiten Jogginghosen und ausgelatschten Adiletten (man stelle sich vor, dass manche diese überhaupt nicht kannten!!) Anklang findet. Zudem sind 160 Leute auf einem Fleck oft doch sehr anstrengend und so war ich doch recht froh, als es am 11. September - wahrscheinlich waren die USA-Tickets an diesem Tag billiger - nach Paris ging, dezimiert auf achtzehn Leute.
Dort wartete das nächste Seminar, diesmal ging es aber auch um praktische Dinge wie Kontoeröffnung, Handy oder das Verhalten des Franzosen an der Ampel. Es war ganz angenehm, weniger Leute um mich herum zu haben und auch direkt in der Stadt zu sein. Papst und Pastis mit Lorenz habe ich ja schon geschrieben.
Am 15.9. ging es dann im TGV endlich Marseille. Mein Papst-Dasein wies mir gleich auch einen Platz neben einer Nonne zu, die mich auf Fahrt unterhielt. Nach überraschend Halten in Avignon und Aix kam ich gegen 19 Uhr in Marseille an und die Sonne begrüßte mich von ihrer strahlendsten Seite. Abgeholt von Anne und Francoise, beide von der Cimade, konnte ich gleich mal mitbekommen, was Verkehr in Marseille heißt: Hupen, Brüllen und Beulen. Nachdem wir sicher in St. Julien - MEINEM Viertel - angekommen waren, wurden wir von einer ca. 1,50m großen, mit einem Dauerlachen ausgestatteten Frau begrüßt - Martine! Meine Vermieterin und Mitbewohnerin, die allzeit gut gelaunt ist und immer ein Lied auf den Lippen hat. Die Ankunft wurde standesgemäß mit Wein begossen, bevor ich das erste Mal in den Genuss von Martines Kochkünsten kam.
Meine erste Aufgabe bekam ich gleich mit auf den Weg: am nächsten Morgen meine Arbeitsstelle finden, ohne jemals zuvor in der Stadt gewesen zu sein. So machte ich mich am nächsten Morgen gegen 9.30 Uhr auf den Weg. Angekommen bin ich um 11.30 Uhr.
Den Weg zum Bus habe ich zwar noch gefunden - knapp 15m von der Haustür entfernt - danach war es aber nicht weit her mit meinem Orientierungssinn. Die Endhaltestelle des Busses ist gleichzeitig meine Umsteigestation, aber wo soll ich dann bloß einsteigen? Die Metro habe ich nicht gefunden, dafür eine der beiden (!) Tramlinien, mit der ich sogar bis zur richtigen Station gefahren bin. Dann noch mal eine gute halbe Stunde, bis ich vom Boulevard de la République die richtige Nebenstraße gefunden hatte und da war sie endlich: meine Arbeitsstelle für das kommende Jahr! Freundlich begrüßt von allen Anwesenden durfte ich mich gleich mal an den Empfang setzen und mich für die Post der Asylbewerber, die bei der Cimade ihre Adresse haben, verantwortlich fühlen.

... jetzt bin ich zu müde und geh in die Heia - morgen 7.15 Uhr aufstehen! Wird fortgesetzt

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