Mittwoch, 22. Oktober 2008

Pastis, Pizza und Palaber

Eine Rekapitulation des vergangenen, recht ereignisreichen Wochenendes:

Nachdem ich Freitagabend von der Arbeit heimgekehrt war, wandelte ich für eine knappe Stunde auf Otto Rehhagels Spuren und versuchte mich als technisch und taktisch versierter Anstreicher. Opfer war ein IKEA-Brett, das irgendwann einmal - insofern ich es denn schaffe, es an der Wand anzubringen - als Bücherregal dienen soll und da ich ja bekanntermaßen gelernter und v.a. talentierter Handwerker bin, war das Ganze natürlich ein Klacks für mich. Nun darf sich das gute Stück schon seit fünf Tagen ausruhen, bevor es in naher oder ferner Zukunft ans Kreuz geschlagen und somit seiner wahren Bestimmung zugeführt wird. Und wenn ich dann auch schon dabei bin, werde ich mich auch am ebenfalls neu gekauften Spiegel vergehen. Dieser ist nötig, weil ich meinen Bauch als Objekt der Betrachtung zwar auch durchaus spannend und natürlich äußerst attraktiv finde, für andere Körperteile wie bspw. den Kopf jedoch jegliche angebrachte Spiegel im Haus aufgrund Martines offensichtlich nur mäßigen Fruchtzwergekonsums während ihrer Kindheit schlichtweg zu niedrig und nur unter größten Belastungen für die geschundene Wirbelsäule auch als solche zu benutzen sind - zumindest für Wiehre-Öko-Markt-gestählte Weißwürste.
Nach der heldenhaften Pinseltat war mir nach Entspannung, die Terrasse schien mir der geeignete Ort, die Radioübertragung des SC-Spiels die geeignete Gelegenheit, der Pastis das geeignete Getränk. Günter Koch war dann auch ganz hin und weg von diesen Freiburgern, wollte anfangs mindestens Butscher, Bechmann und Jäger auf einmal heiraten, bevor er ab der 40. Minute urplötzlich die Scheidung einreichte und die Auswechslung der genannten drei forderte. Offensichtlich durcheinandergebracht von den Turbulenzen in ihrem Liebesleben, ging die Mannschaft dann in bekannter Auswärts-Art baden und verlor 2:0.
Gegen Ende der zweiten Halbzeit bekam ich allerdings eh nicht mehr allzu viel mit, denn Gilles, mein Nachbar mit dem Hardcore-Dialekt, hatte zu Hofe geladen, um seinen 45. Geburtstag zu feiern. Martine und ich gesellten uns hinzu und begaben uns in die Gesellschaft von sechs Mitvierzigern, die aber allesamt das Verhalten von 18-Jährigen an den Tag legten. So wurde über MSN mit drei verschiedenen Frauen gleichzeitig das nächste Date vereinbart, während die Meute im Hintergrund jauchzte und jubelte. Wenn Martines Bemerkung, an diesem Abend würde ich die Ur-Marseiller Lebensart kennenlernen, stimmt, dann muss dazu auch gehören: viel Pastis, Pizza und Palaber, wobei schwer zu entscheiden ist, ob der erste oder der letzte Punkt am größten geschrieben und am exzessivsten praktiziert wird.
Irgendwann wurden Bongos, Gitarre und Mikrofon ausgepackt und bis zum Umkippen betrommelt, bespielt, besungen. Den MC gab dabei Piero, Gilles engster Freund, der ob seiner Unkenntnis der Liedtexte lieber singend freestylte und für allerlei Lachkrämpfe bei den Umsitzenden sorgte.
Irgendwann suchte und fand ich dann den Weg in mein Bett und nach etwas kurzer Nacht fuhr ich Samstagmorgen in die Stadt runter, um Sebastian, den man unten auf dem Foto sehen kann, vom Bahnhof abzuholen. Nachdem wir die Protztreppen am Bahnhof, die zur Demonstration der Herrlichkeit der französischen Kolonialgeschichte gebaut wurden, hinter uns gelassen hatten, zeigte ich ihm ein wenig das Zentrum um die Canebière, bevor wir den langen, steinigen Weg ins traute St. Julien antraten.
Gestärkt von einem Mittagessen ging es aber recht bald schon wieder hinunter, weil wir eine Veranstaltung einer Organisation eines blinden kurdischen Flüchtlings aus dem Irak besuchten, bei der mein Chef Jean-Pierre einen Vortrag mit dem reizenden Titel "Vers une autre mondialisation: la question de l'intégration et le concept de la citoyenneté mondiale" hielt.

Von Konzert, Stierkampf und Kampfhund erzähl ich morgen in der Fortsetzung.

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